Viertaktmotoren mit Drehschieber

»Schiebermax« ist ein Lied von Walter Elimar Kollo aus dem Jahr 1915. Den Text schrieb Hermann Frey. Noch älter ist die Schiebersteuerung im Motorenbau die mit der Dampfmaschine zum Tragen kam. Bei dieser wurde sie oftmals als Standard verwendet, und die Ventilsteuerung kam erst Anfang des 20. Jahrhunderts zum Einsatz. Der Zweitaktmotor arbeitet konstruktionsbedingt auch als Schiebermotor, bei dem der auf- und abgehende Kolben die Steuerung übernimmt. Im Rennsport kamen oft Zweitaktmotoren mit Drehschiebersteuerung zum Einsatz.

Im Modellflugsektor war neben den Flatterventilen die Drehschiebersteuerung vor allem für die Impellerantriebe interessant, wie zum Beispiel der Graupner OS Max 91, VR-DF mit 15 ccm. Er konnte bei Drehzahlen über 20.000 pro Minute Leitungen von 3,6 Kilowatt erbringen. Beim Viertakt-Verbrennungsmotor wurde vor allem die Ventilsteuerung verwendet, bis Charles Knight aus Chicago ein Patent zur Schiebersteuerung im Jahr 1908 bekam. Viertakter mit Schiebersteuerung kamen vor allem in exklusiveren PKWs und Sportwagen zum Einsatz. Im Flugzeugbau entwickelte Mitte der 1930er Jahre die Firma Bristol ihren Hercules, einen 14-Zylin- der Doppelsternmotor mit Hülsenschieber. Es wurden über 50.000 Motoren gefertigt, und unter anderem in Flugzeugen wie Bristol Beaufighter oder Avro Lancaster eingesetzt.

Die Regelung der Steuerzeiten bei den schiebergesteuerten Motoren erfuhr immer wieder Weiterentwicklungen und Modifikationen. Man verwendete rotierende Zylinder, Kegel, Scheiben, Kugeln oder Hülsen. Obwohl technisch aufwendiger und gewichtiger als die breit etablierte Ventilsteuerung, ergaben sich einige Vorteile bei den Drehschiebermotoren. Die Höchstdrehzahl war theoretisch nicht begrenzt, Phänomene wie Ventilflattern gab es nicht. Die »Zündung« des Methanolgemisches erfolgte gesteuert durch die Öffnung im Schieber, die Frühzündungen und das Nageln der Methanolmotoren im Vollgasbetrieb entfielen. Nachteile waren die Lärmbelästigung durch hohe Drehzahlen und die erhöhte Gefahr des Versagens der Steuerung bei Verwendung von Rhizinusöl, die leider zur Zeit der Marktreife die vorherrschende Ölsorte darstellte. Verbrennungsrückstände blockierten häufig die empfindlichen Schieberkomponenten.

Im Modellmotorensektor wurde ein ganz besonderes Prinzip des Viertakt-Drehschiebermotors 1977 von Norbert Dylla (patentd.google.com/patent/DE2910822C2/de) aus München entworfen. Beim »Dymo 6-Motor« rotiert die gesamte Zylinderwand, um den sich auf- und abbewegenden Kolben, und hat am oberen Ende Bohrungen und eine Schieberplatte. Der Propeller wird durch eine 1:2 oder 1:4 Untersetzung angetrieben, was größere und effizientere Luftschrauben ermöglicht. Mit einer Nylon-Luftschraube von Taipan (Australien) mit 10×6 machte der Dylla knapp 11.000 Umdrehungen pro Minute. Auch dieser Motor hatte Probleme mit den damals vorhandenen Ölen. Rhizinus führte zur Verkokung und die synthetischen Öle wiesen die nötige Hitzebeständigkeit nicht auf. Die Dylla-Motoren wurden in Kleinserie in Feldkirchen bei München hergestellt. Es gab sogar einen Zweizylinder V-Motor in Entwicklung. Die Idee des Motors wurde nach Ablauf des Patents 21 Jahre später in England von der Firma RCV Engines wieder aufgegriffen. Eine nähere Betrachtung der RCV-Motoren sprengt allerdings den Rahmen diese Berichts und wird vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufgegriffen.

Gegen Ende der 1970er Jahre zeigten einige Hersteller in Europa Interesse an den drehschiebergesteuerten Motoren. Der Hersteller WEBRA (Werner Bragenitz aus Berlin) baute seit den 1950er Jahren qualitativ hochwertige Modellzweitaktmotoren. Das Unternehmen mauserte sich sogar zum Anbieter von Schiff- und Flugmodellen, und legte eigene Kataloge auf. Der Österreicher Hanno Prettner, siebenfacher Weltmeister im Motorkunstflug, der Liechtensteiner Wolfgang Matt und Bruno Giezendanner, erzielten einige Erfolge mit Triebwerken der Marke Webra. Das Unternehmen stellte 1978 in Nürnberg einen Viertaktmotor mit Walzendrehschieber vor. Wegen mechanischer Probleme an der Walze kam man aber erst 1980 mit einem Kegeldrehschieber in einem 15 ccm-Motor auf den Markt. Es handelte sich um den ersten Drehschiebermotor der in Serie hergestellt wurde. Die Leistung war höher als die von den 10ccm- Zweitaktern, aber die …

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Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 7/2023 MFI Magazin.

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