Markus Frey und seine Messerschmitt M23c – Ein historischer Seglerschlepp im Maßstab 1 : 2

Frühling konnte man dieses Wetter wirklich nicht nennen, doch nach all dem Regen der letzten Wochen war dies endlich mal ein schöner Tag im Mai 2013. Die Sonne hatte den Flugplatz in Müswangen, einem idyllisch gelegenen Dorf etwa 25 km süd-westlich von Zürich, in ein sanftes Licht getaucht, und am Ende der Startbahn stand Markus Freys riesige Ku-4 Austria Elefant mit ihren schier unglaublichen 15 Metern Spannweite ganz enspannt im Gras. Am anderen Ende des Schleppseils wartete Markus’ neueste Kreation, eine Messerschmitt M23c, auf das Startsignal. Endlich war es soweit: Ueli Nyffenegger schob sanft das Gas rein, und die M23c nahm ganz langsam Fahrt auf. Die Zuschauer hielten den Atem an – sie waren Zeugen bei der Erfüllung eines lange gehegten Wunschs.

Me_M23c_1Am Anfang
Die Segelflugzeug-Sammlung, die sich der junge Schweizer Markus Frey aus Rottenschwil bei Zürich im Laufe der Jahre aufgebaut hat, ist einzigartig: SG 38, Hütter 28, Ka-4 Rhönlerche sowie die Austria Elefant und die Wien des österreichischen Ausnahmefliegers Robert Kronfeld – alle im Riesenmaßstab 1 : 2. Das Vorbild für seinen bis dato letzten Seglernachbau, eine Scud 1, war ein winziges Flugzeug mit nur 7,70 Metern Spannweite und vier Metern Länge – und somit im Original deutlich kleiner als die gewaltigen Modelle der Austria und der Wien.

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Konstruieren am Computer: Rolf Fritschi ist ein Meister seines Fachs!

Noch während ich an meinem Porträt über Markus arbeitete (siehe dazu MFI 1 und 2/2012), kam mir immer wieder ein Gedanke: Wäre es nicht toll, wenn diese perfekt gebauten Sperrholzsegler aus den 1920er- und 30er-Jahren historisch korrekt auf Höhe geschleppt werden könnten? Will sagen, nicht mit einer Wilga (oder was sonst noch so beim F-Schlepp eingesetzt wird), sondern mit einer Maschine, die diese Aufgabe damals, in den ganz frühen Tagen des Hochleistungs-Segelflugs, den Anfängen des Seglerschlepps, erledigt hatte?

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Clever: Beim Höhenleitwerk fungieren die Holme gleichzeitig auch als Steckung – in der CAD-Ansicht schön zu sehen …

Und als hätte Markus meine Gedanken lesen können, ließ er Ende letzten Jahres verlauten, dass er nach mehr als einem Jahrzehnt Abstinenz endlich wieder ein Motormodell bauen wolle (seine erste Eigenkonstruktion war 1999 eine Pilatus Porter im Maßstab 1 : 5 mit einem 60-ccm-Benziner gewesen). Doch nicht irgendein Motormodell: Seine Wahl fiel auf die Messerschmitt M23c, ein Leicht- und Sportflugzeug in Sperrholzbauweise, mit dem Robert Kronfeld sich damals in seinen Seglern auf Höhe schleppen ließ. »Kronfeld hatte seinen eigenen fliegenden Zirkus – und weil er nicht nur da flog, wo es Hänge zum Starten gab, brauchte er eine Schleppmaschine. Und das war eben die Messerschmitt M23c.«

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… und am Rohbau des Modells perfekt umgesetzt.

Das Vorbild
Die Messerschmitt M23 war ein Sport- und Schulungsflugzeug, das 1928 von Willy Messerschmitt entworfen und von den Bayerischen Flugzeugwerken gebaut wurde. Von der ersten Weiterentwicklung, der M23b, die Ende März 1929 das erste Mal flog, entstanden bis Ende 1931 mehr als 70 Maschinen. Diese waren mit stärkeren Motoren wie dem Fünfzylinder-Sternmotor Siemens Sh 13 mit 81 PS ausgerüstet und an den gerundeten Rumpfrücken und Tragflächenenden zu erkennen. Neben diesen aerodynamischen Verbesserungen wurde für die kräftigeren Motoren auch die Zellenstruktur verstärkt.

Me_M23c_5Die von Robert Kronfeld gewählte Maschine stellte eine Übergangslösung zwischen der M23b und der M23c dar – sein Flugzeug verfügte noch nicht über den Argus-Reihenmotor und das vollverglaste Cockpit, wohl aber schon über den verbesserten Rumpf, der vorn aus Leichtmetall bestand. Kronfeld taufte seine M23c »Panhans Semmering«, Pilot der Maschine war sein Mitstreiter Werner Weichelt.

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Spanten und Leisten für einen Rumpf in XXL.

Konstruktion des Modells
Wie schon bei seinen Superseglern, vertraute Markus Frey auch beim Bau der Messerschmitt auf die geniale Konstrukteurs-Begabung seines Freundes Rolf Fritschi. Da es selbst im Messerschmitt-Museum keine Unterlagen mehr über die Maschine gab, musste Rolf sich mit einer Dreiseitenansicht von Vincent Cockett zufrieden geben. Außerdem war es zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder notwendig, sich Gedanken über Motorvibrationen zu machen – und was für welche!

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Der fertig verkastete Rumpf ist gewaltig und eine rundum atemberaubende Holzarbeit.

Markus entschied sich für einen Fünfzylinder-Sternmotor der tschechischen Edelschmiede Valach (in Deutschland werden diese Antriebe exklusiv von Toni Clark vertrieben). Der Valach ist ein gewaltiger Brocken: 420 ccm Hubraum, 25 PS Leistung und genug Drehmoment, um eine maßgefertigte Luftschraube aus der Seidel-Manufaktur mit riesigen 42 Zoll Durchmesser und satten 820 Gramm Gewicht zu drehen. Dazu Markus Frey: »Diese Dimensionen bereiteten uns schon ein wenig Kopfzerbrechen. Und da haben wir halt so stabil wie möglich gebaut, weil bei einem Modell dieser Größe das eine oder andere Kilo mehr nicht so arg ins Gewicht fällt.«

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Ein echtes Kraftpaket – aber es galt ja schließlich, einen Elefanten zu schleppen: Der große Valach-Stern mit 42-Zoll-Latte.

Gesagt, getan. Der Rumpf wurde aus 10 x 10 mm starken Kieferleisten aufgebaut und anschließend mit 0,6-mm-Sperrholz beplankt. Da die Holzoptik nach der Fertigstellung erhalten bleiben sollte, war bei dieser Arbeit größte Präzision angesagt – jedes Stück der Beplankung wurde auf die exakte Größe zugeschnitten, geschäftet und dann verleimt. Der Vorderteil des Rumpfs wurde abschließend noch mit 0,5-mm-Alublech beplankt. Besonders stolz ist Markus auf den Zapfenschliff der 1 mm starken Aluminium-Panele des offenen Cockpits, dessen Umrandung natürlich stilecht mit echtem Leder verkleidet wurde. Die Instrumentierung (und der Pilot) stammt von Axel Pfannmüller.

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Allzeit bereit: M23c und Austria sind im Anhänger verstaut und warten auf Flugwetter.

Der Aufbau der Leitwerke ging problemlos über die Bühne; die Rippen wurden (wie übrigens alle Holzteile, die für den Bau des Modells benötigt wurden) aus 3-mm-Pappelsperrholz von Rolf Fritschi gefräst. Clou beim HLW: Die Steckung fungiert gleichzeitig auch als Holm.

Das Fahrwerk war da schon etwas komplizierter. Natürlich gab es in dieser Größe keine Bauteile, die man käuflich erwerben konnte (außer den Rädern mit 12,5 Zoll Durchmesser – die stammen von einem Kinderwagen und wurden mit Scheibenbremsen nachgerüstet!). Also musste alles ganz genau durchgerechnet werden, bevor die Konstruktion aus 20- und 10-mm-Stahlrohr in Angriff genommen werden konnte. Gasdruckdämpfer mit 350 Newton (!) sollten für hoffentlich allzeit sanfte Landungen sorgen.

Einen ausführlichen Bericht lesen Sie in der Ausgabe 10/2013 des MFI Magazins.

httpv://www.youtube.com/watch?v=Z49Os1DczgY

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